Montag, 25. September 2017

Politisches Kabarett in Schalksmühle | Schalksmühle

Schalksmühle - Scharfzüngig legt er den Finger in offene Wunden. Hält der Gesellschaft, Spießbürgern und Politikern den Spiegel vor – und stellt sich den Themen, die die Nation bewegen. Bissig, humorvoll, sarkastisch und todernst.

Mit Christian Ehring begeisterte am Freitagabend einer der prominentesten Kabarettisten Deutschlands – bekannt aus der „heute show“ und „extra 3“ – in der Festhalle Spormecke mit politischem Kabarett zum Lachen, Innehalten und Nachdenken. In Wort und Gesang widmete sich der Grimme-Preisträger mit dem Faible für Rückbildungsgymnastik den großen Themen der Zeit. Flüchtlingspolitik, AfD, deutsche Leitkultur, Trump und Landleben gehörten dazu. 

Sein Motto: „Keinen Zuschauer zurücklassen“. Klar, von Hannelore Kraft („Kein Kind zurücklassen“) entlehnt. Aber die, konstatiert er, braucht den Spruch ja nicht mehr. Vor restlos ausverkauftem Haus hängte der gebürtige Duisburger, der in Krefeld aufwuchs, seinen tiefgründigen, anspruchsvollen Abriss über die Befindlichkeit der Nation in seinem aktuellen Programm „Keine weiteren Fragen“ an der vermeintlich eigenen Biografie mit Sohn vor dem Abflug ins freiwillig/unfreiwillige soziale Jahr in den Slums von Buenos Aires (Argentinien) und frei gewordener Einliegerwohnung im selbst bewohnten Haus am Stadtrand auf. An der Idee, die Wohnung einem Flüchtling zur Verfügung zu stellen, rieben sich die Geister. 

Häufig im Nachgang, mit gezielt gesetzten Spitzen, führte Ehring zuvor getätigte Aussagen ad absurdum. Nicht „Bitte schalten Sie die Mobiltelefone aus!“ wie gewohnt, sondern „Bitte lassen Sie die Mobiltelefone an. Ich bin es schon gar nicht mehr gewohnt, mich so lange mit Leuten zu unterhalten und dabei angesehen zu werden!“, hieß es da. 

Amüsant und aufrüttelnd 

Zwischen Zustimmung und Zustimmung mit Vorbehalten pendelte Ehrings intellektuelles, wohl situiertes Bühnen-Ich im zugleich amüsanten wie aufrüttelnden Monolog über die Idee mit der Einliegerwohnung. „Tolle Idee –aber“, lautete der Tenor. Scheinheiligkeit warf Ehring der Regierung in Sachen Flüchtlingspolitik vor. Zur Verdeutlichung zog er einen Vergleich mit der Mütterrente heran. „Es gibt die Mütterrente, aber die Ausgabestelle ist auf Helgoland und der Schiffsverkehr wird eingestellt.

"AfD wie „Hämorrhoiden-Salbe“ 

Ins Visier nahm der scharfzüngige Kabarettist, Pianist und Sänger, der – ohne bitterböse zu sein – das Lachen im Hals gefrieren ließ, ebenso Erdogan und die AfD. „Masseneintritte von Erdogan-Anhängern in die AfD. Würde passen. Irgendwie würd’ ich’s beiden gönnen“, konstatierte er. Mit „Hämorrhoiden-Salbe“ verglich er die AfD. Zwischen witzigen Ergüssen, wenn er in Rückbildungsgymnastik den Sport seines Lebens fand und die Queen als das berühmte Ungeheuer von Schottland enttarnte, und tiefem Ernst pendelte Ehring in „Keine weiteren Fragen“. Schlagzeilen aus der Tagespresse boten Vorlagen, auf die deutsche Leitkultur und Konfliktherde in aller Welt einzugehen. „Deutsche geben sich zur Begrüßung die Hand“, meinte er spöttelnd. Geben sich andere ein Bein? 

Und die Sache mit der Kulturnation? Hat etwa heute schon einer seinen Goethe gelesen? Er hatte etwas zu sagen, dieser Christian Ehring, bei Satire, die Missstände in pointierter und überspitzter Form beim Namen nannte und kräftig durchschüttelte.

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